Neues Krankheitsgen für erbliche Herzerkrankung liefert Hinweis auf bislang unbekannten molekularen Entstehungsmechanismus

Auf die Spur des neuen Krankheitsgens RPL3L gelangten Wissenschaftler des Instituts für Humangenetik der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) als sie versuchten, die Ursache für die Herzerkrankung bei zwei Kindern einer an der Medizinischen Hochschule Hannover betreuten Familie herauszufinden. Beide Kinder litten an einer sehr schweren Form der so genannten dilatativen Kardiomyopathie und verstarben jeweils wenige Tage nach der Geburt an Herzversagen.

Mittels der molekulargenetischen Methode der Exomsequenzierung analysierten die Forscher die DNA der beiden Patienten und ihrer Eltern. Bei der computergestützen Aufbereitung der gewonnenen Daten entdeckten sie dann, dass beide Kinder jeweils zwei von ihren Eltern vererbte Veränderungen im RPL3L-Gen trugen. Die eine Variante stammte vom Vater, die andere von der Mutter. Zusammen sorgen die Genveränderungen dafür, dass das gebildete RPL3L-Protein nicht voll funktionsfähig ist. Über die Forschungsplattform „GeneMatcher“ stellten die Wissenschaftler dann Kontakt zu Kollegen in Spanien und den USA her, die ebenfalls Patienten mit demselben Krankheitsbild und Veränderungen auf beiden Kopien des RPL3L-Gens untersuchten.

Die so genannte dilatative Kardiomyopathie ist eine krankhafte Erweiterung des Herzmuskels, die dazu führt, dass die Pumpfunktion des Herzens verringert ist. Sie gehört zu den häufigen Herzerkrankungen. Meist tritt sie in vereinzelten Fällen auf, doch bei 20 bis 30 % der Betroffenen liegt eine familiäre Häufung vor. Verschiedene Gene konnten bislang mit der Krankheit in Verbindung gebracht werden, aber dennoch bleibt bei der Mehrheit der familiären Fälle die genetische Ursache unklar. Durch ihre Untersuchungen konnten die Göttinger Wissenschaftler jetzt nicht nur die genetische Ursache der Erkrankung in der betroffenen Familie klären. Sie fanden damit auch Hinweise auf einen bislang unbekannten Mechanismus, der zur Entstehung der dilatativen Kardiomyopathie führt. RPL3L ist ein in Muskel- und Herzgewebe vorkommendes ribosomales Protein, d.h. es spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung bestimmter Zellbestandteile, der Ribosomen. Über welchen Mechanismus die Beeinträchtigung der Proteinfunktion die dilatative Kardiomyopathie hervorruft, wollen die Wissenschaftler nun in weiteren funktionellen Experimenten im Detail erforschen.

Die Ergebnisse der Studie, die im Rahmen des an der UMG verankerten Sonderforschungsbereichs 1002 „Modulatorische Einheiten bei Herzinsuffizienz“ von der Deutschen Forschungsgesellschaft gefördert wurde, sind im Fachmagazin Clinical Genetics erschienen.

Bi-allelic missense disease-causing variants in RPL3L associate neonatal dilated cardiomyopathy with muscle-specific ribosome biogenesis
Ganapathi M, Argyriou L, Martínez-Azorín F, Morlot S, Yigit G, Lee TM, Auber B, von Gise A, Petrey DS, Thiele H, Cyganek L, Sabater-Molina M, Ahimaz P, Cabezas-Herrera J, Sorlí-García M, Zibat A, Siegelin MD, Burfeind P, Buchovecky CM, Hasenfuss G, Honig B, Li Y, Iglesias AD, Wollnik B.
Hum Genet. 2020 Jun 8. doi: 10.1007/s00439-020-02188-6. Online ahead of print.

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