Homozygote AXIN1-Varianten beeinflussen die Knochenhomöostase und verursachen eine bislang unbeschriebene seltene Skeletterkrankung

Angeborene seltene Skeletterkrankungen sind Entwicklungs- und Wachstumsstörungen des Knochen- und Knorpelgewebes. Meist durch genetische Veränderungen verursacht, manifestieren sich diese Erkrankungen entweder ausschließlich in Form von Fehlbildungen des Skeletts oder sie treten als charakteristische Kombinationen von Symptomen auf, bei denen auch andere Gewebe mitbetroffen sind. In einer Kollaboration unter der Federführung von Professor Uwe Kornak am Institut für Humangenetik Göttingen konnten nun Forschungsteams aus Deutschland, Österreich, den Niederlanden, Saudi-Arabien und den USA die genetische Ursache für eine bislang nicht beschriebene spezifische Skeletterkrankung entschlüsseln. In ihrer Studie fanden sie homozygote Varianten im AXIN1-Gen bei 7 Patient*innen im Alter zwischen 3 Monaten und 15 Jahren. Diese zeigten radiologisch und klinisch ein Krankheitsbild mit einer generell erhöhten Knochenmineraldichte, einer übermäßigen Vermehrung des Knochengewebes des Schädels, einem überdurchschnittlich großen Kopfumfang (Makrozephalie), einer Fehlbildung der Hüftgelenke sowie einer unterschiedlich starken Entwicklungsverzögerung.

Die Forschenden untersuchten die Auswirkungen der identifizierten Varianten sowohl in Patientenzellen als auch in Zellen, die sie mittels Genomeditierung so verändert hatten, dass sie ebenfalls die gefundenen Varianten im AXIN1-Gen enthielten. Ihre Analysen zeigten, dass die genetischen Veränderungen zu einer geringeren Menge an funktionsfähigem AXIN1-Protein führen und für eine verstärkte Aktivierung des Wnt-Signalwegs sorgen.

AXIN1 ist eine zentrale Komponente in der Regulierung des Beta-Catenin-abhängigen Wnt-Signalwegs. Dieser Signalweg steuert grundlegende Zellprozesse während der embryonalen Entwicklung und spielt auch eine wichtige Rolle für das Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbau von Knochengewebe. AXIN1 wurde zwar bereits intensiv erforscht, aber es waren bislang keine Keimbahnvarianten dieses Gens beim Menschen beschrieben worden. Die Ergebnisse der aktuellen, im American Journal of Human Genetics veröffentlichten Studie legen nun nahe, dass AXIN1 die Aktivität von Osteoblasten und Osteoklasten beeinflusst. Diese beiden Zelltypen sorgen in einem streng regulierten Zusammenspiel für den Aufbau (Osteoblasten) und Abbau (Osteoklasten) von Knochengewebe.

Seltene Skeletterkrankungen, die Entschlüsselung ihrer genetischen Ursachen und molekularen Mechanismen sowie die Entwicklung spezifischer gentherapeutischer Ansätze sind ein Forschungsschwerpunkt der AG Kornak am Institut für Humangenetik Göttingen. Neue Erkenntnisse aus dieser Forschung fließen dabei unmittelbar in die klinische Versorgung an der Universitätsmedizin Göttingen: „In unserem spezialisierten Zentrum für Seltene Skeletterkrankungen Göttingen bieten wir Patient*innen und ihren Familien individuelle Beratung, eine schnelle klinische, labormedizinische und humangenetische Diagnostik und den Zugang zu spezifischen Therapien. Durch unsere Forschungsaktivitäten wollen wir dazu beitragen, dass neue Behandlungsansätze entwickelt und in der klinischen Praxis umgesetzt werden können“, so Professor Kornak.

AXIN1 bi-allelic variants disrupting the C-terminal DIX domain cause craniometadiaphyseal osteosclerosis with hip dysplasia
Terhal P, Venhuizen AJ, Lessel D, Tan WH, Alswaid A, Grün R, Alzaidan HI, von Kroge S, Ragab N, Hempel M, Kubisch C, Novais E, Cristobal A, Tripolszki K, Bauer P, Fischer-Zirnsak B, Nievelstein RAJ, van Dijk A, Nikkels P, Oheim R, Hahn H, Bertoli-Avella A, Maurice MM, Kornak U.
Am J Hum Genet 2023 Aug 9:S0002-9297(23)00251-3. doi: 10.1016/j.ajhg.2023.07.011. Epub ahead of print.

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