Zelluläre Seneszenz wirkt günstig auf zellmechanische Faktoren in der Regeneration von Geweben

Neue Erkenntnisse, wie seneszente Zellen nicht nur über die Ausschüttung von Botenstoffen, sondern auch durch zellmechanische Effekte eine Rolle in Wundheilungsprozessen spielen, liefert eine neue, an der Berliner Charité durchgeführte und im Fachjournal Aging Cell publizierte Studie. Unter Federführung von Uwe Kornak, Professor am Institut für Humangenetik Göttingen, und Ansgar Petersen, Professor am Julius-Wolff-Institut der Charité-Universitätsmedizin Berlin, fanden die Wissenschaftler*innen erstmals heraus, dass zelluläre Seneszenz auf zellmechanische Eigenschaften und die Bildung und Zusammensetzung von extrazellulärer Matrix (ECM) einwirkt und so die Gewebebildung günstig beeinflusst.

Seneszenz ist ein mehrstufiger Prozess, bei dem Zellen von einem temporären Stopp im Zellzyklus als Reaktion auf verschiedene Stressfaktoren und Schädigungen in einen irreversiblen Zustand übergehen, in dem sie sich nicht mehr teilen können. Solche seneszenten Zellen sterben nicht ab, sondern bleiben stoffwechselaktiv und schütten eine charakteristische Kombination von Proteinen und Botenstoffen aus, die auf die Umgebung der Zelle, die extrazelluläre Matrix, und benachbarte Zellen einwirken. Die Anhäufung von seneszenten Zellen trägt zum Prozess der Alterung und der Entstehung altersassoziierter Erkrankungen bei und wird aus diesem Blickwinkel auch am Institut für Humangenetik intensiv erforscht. Es gibt jedoch auch einen positiven Aspekt der zellulären Seneszenz: Das kurzzeitige Auftreten von seneszenten Zellen ist nützlich für die Heilung und Vernarbung von Wunden. Bislang war jedoch nicht bekannt, dass die Seneszenz über die Ausschüttung von Signalstoffen hinaus eine direkte Rolle während der Gewebebildung spielt.

Die Forschenden nutzten ein spezielles In-vitro-Wundheilungsmodell mit kultivierten Fibroblasten, in denen sie auf zwei unterschiedlichen Wegen (über DNA-Schädigungen bzw. mittels Überexprimierung von Zellzyklus-Hemmproteinen) zelluläre Seneszenz auslösten. Dann erforschten sie die jeweiligen Auswirkungen im Hinblick auf die Migration, Morphologie und Adhäsion von Zellen. Dabei stellten sie u.a. fest, dass die zelluläre Seneszenz für eine Veränderung der Größe und Zusammensetzung von Fokaladhäsionen sorgte. Diese Multiproteinstrukturen verankern die Zelle an der extrazellulären Matrix und sind zuständig für die zelluläre Kraftübertragung. In allen seneszenten Zellen konnten außerdem größere Einzelzellkräfte gemessen werden. Im Gegensatz zur Seneszenz durch Zellzyklus-Hemmproteine wirkten bei der durch DNA-Schädigung induzierten Seneszenz jedoch degenerative Veränderungen der ECM der Kontraktion in 3D-Kulturen entgegen. Je nach der Form der Seneszenz, ließen sich also unterschiedliche, auch gegenläufige Effekte auf Gewebebildung, -kontraktion und -spannung beobachten. Neben den mechanischen Einflüssen zeigten sich auch unterschiedliche Expressionsprofile für Gene, die für ECM-relevante Proteine wie Kollagene, Lysyloxidasen und Matrixmetalloproteinasen kodieren.

Kontakt: Prof. Dr. med. Uwe Kornak, uwe.kornak@med.uni-goettingen.de

Ozen A, Brauer E, Lange T, Keller D, Görlitz S, Cho S, Keye J, Gossen M, Petersen A, Kornak U. Dissecting the influence of cellular senescence on cell mechanics and extracellular matrix formation in vitro. Aging Cell. 2022 Dec 13:e13744. doi: 10.1111/acel.13744. Epub ahead of print.

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